Nehmen Sie an unserem Webinar mit RELEX & BCG teil: Intelligente Supply-Chain-Planung, 23. Oktober | Jetzt anmelden

menu-close

Supply-Chain-Transformation: Der komplette Guide

Wie Sie das richtige Supply-Chain-Management-System finden und implementieren

Get the guide sent to me as a PDF

Supply-Chain-Transformation: bevor es losgeht

Supply-Chain-Management war einmal ein relativ ruhiges Gewässer, aber in den vergangegen Jahren ist es in den Fokus gerückt. Ein gut organisiertes Supply-Chain-Management (SCM) ist inzwischen ein wesentlicher, wenn nicht sogar der entscheidende Faktor für den Erfolg eines Unternehmens.

Um eine Supply-Chain zu transformieren und sie auf den neuesten Stand zu bringen, braucht man nicht nur eine leistungsstarke Technologie, sondern auch einen grundsätzlichen Überblick über Arbeitsprozesse und Organisationsstruktur.

Es gibt nicht „die” richtige Herangehensweise, aber was beinahe alle erfolgreichen Transformationen gemeinsam haben, ist die Anpassung der Supply-Chain an die allgemeinen Unternehmensziele. Für viele Unternehmen spielt die Wahl des richtigen SCM-Systems zur Identifizierung der erforderlichen Optimierungsschritte eine zentrale Rolle. Bevor Sie sich für eine SCM-Lösung entscheiden, sollten Sie sich daher unbedingt Zeit nehmen, alle verfügbaren Optionen zu prüfen.

Fangen Sie damit an, die entscheidenden Fragen zu stellen – besonders sich selbst.

Tipp: Die wichtigste Frage, die Sie sich selbst stellen sollten, ist zweifelsohne „Was wollen wir erreichen?”

Dies könnten ein optimierter Prozess, eine bessere Verfügbarkeit, geringerer Bestand, weniger Verderb und/oder manuelle Arbeit, bessere Prognosen für Kampagnen, effizienterer Bestandsabbau zum Ende eines Produktlebenszyklus und natürlich höherer Umsatz und Profit sein. Es hilft, ein bis zwei der wichtigsten KPIs zu identifizieren, an denen der Erfolg gemessen werden kann. Diese KPIs reflektieren die übergeordnete Geschäftsstrategie.

In diesem Guide betrachten wir die zentralen Fragen, die unserer Erfahrung nach beantwortet werden müssen:

  • Ist Supply-Chain-Transformation etwas, auf das Sie jetzt hinarbeiten sollten?
  • Wie sollten Sie Ihre Disposition organisieren?
  • Was bedeutet Führung im Kontext der Supply-Chain-Transformation?
  • Entwickeln Sie eine eigene Lösung oder suchen Sie nach einem externen SCM-Spezialisten?
  • Wie strukturieren Sie Ihr Projekt?

Da Supply-Chain-Optimierung heute einen so hohen Stellenwert einnimmt und den entscheidenden Vorsprung gegenüber der Konkurrenz bedeuten kann, muss sich jedes Unternehmen früher oder später mit diesem Thema auseinandersetzen.

Kapitel 1: Supply-Chain-Transformation: worum geht es?

Warum Sie? Warum jetzt?

Es gibt zwei wirkich gute Gründe: Erstens können Sie schnell viel Geld sparen.

Tipp: In jedem Schritt zur Supply-Chain-Optimierung gibt es „tief hängende Früchte” – Probleme, die relativ einfach zu beheben sind und dann schnell messbare Resultate liefern. Sie können Geld sparen und die Transformation durch die Identifizierung schneller Gewinne in Schwung bringen.

Zweitens: Ob Sie Ihre Supply-Chain optimieren oder nicht – es ist zu erwarten, dass Ihre Konkurrenten es tun. Die großen Einzelhändler, insbesondere die Giganten des Onlinehandels, revolutionieren Supply-Chain und Fulfillment-Standards. Erwartungen von Konsumenten werden konstant hochgeschraubt. Käufe sind immer mehr abhängig von Verfügbarkeit, Preis, Sortiment und Zustellgeschwindigkeit. Sie können all diese Dinge verbessern, um Ihren Wettbewerbsvorteil zu halten oder zu erreichen.

Also worum geht es bei der Supply-Chain-­Transformation?

Bei der Supply-Chain-Transformation geht es zuerst darum, die Supply-Chain für maximale Effizienz mit den allgemeinen Geschäftszielen in Einklang zu bringen. Dabei geht es weniger um Materialflüsse als darum, Verantwortlichkeiten innerhalb des Unternehmens zu verlagern. Dies benötigt ein durchdachtes, strategisches Konzept.

1. Definieren Sie strategische Hauptgeschäftsziele. Um seine Supply-Chain zu optimieren, sollte ein Unternehmen eine klare Geschäftsvision haben. Egal, ob Nischenhändler, Discounter, egal ob sich alles um Qualität, Service oder Verfügbarkeit dreht, ob es um Sortimentstiefe oder -breite geht, ob ein Trend gesetzt oder auf ihn reagiert wird – ­das Unternehmen sollte klare Ziele definieren und seine Supply-­Chain danach ausrichten.

2. Ihre strategischen Ziele sollten Ihre Supply-Chain-Ziele formen. Die Fragen nach der strategischen Positionierung, zum Beispiel worin der Wettbewerbsvorteil des Einzelhändlers liegt und wie dieser gestaltet ist, führen automatisch zur Frage der Beschaffung: „Was wollen wir unseren Kunden bieten?“, „Brauchen wir Bestand für die ganze Saison oder länger?“, „Setzen wir auf geringe Kosten mit langer Vorlaufzeit, auf lokale und kurze Vorlaufzeit mit höheren Kosten oder eine Mischung aus beiden?“ etc. Diese Fragen führen zu einer Reihe von Category-Management-, Einkaufs-, Merchandising- und kampagnenbezogenen Entscheidungen.

Die Transformation beinhaltet die Anpassung der ganzen Supply-Chain an diese Ziele. Letztendlich sind es die Entscheidungsprozesse und die Planungsverantwortlichkeiten, die transformiert werden.

3. Streben Sie klar definierte Planungsprozesse an. Beim Implementieren einer Supply-Chain-Lösung geht es oft um bessere Kontrolle, höhere Transparenz, größeren Einfluss auf die tatsächliche Supply-Chain. Es muss klar definierte Planungsprozesse geben, um von allen Vorteilen einer Transformation zu profitieren. Gibt es diese nicht, müssen sie entwickelt und implementiert werden.

Tipp: Es hilft, für neue Arbeitsweisen offen zu sein. (Eine davon besprechen wir in Kapitel 2, in dem es um die Organisation Ihrer Disposition und Teams geht.)

Manchmal will ein Unternehmen seine existierende Supply-­Chain automatisieren, komme was wolle. Wenn aber ein Prozess nicht gut läuft, wird er auch durch Automatisierung nicht besser. Sie erlaubt dem suboptimalen Prozess nur unbesehen weiter zu laufen, sodass noch weniger über das nachgedacht wird, was nicht funktioniert. Eine große Führungspersönlichkeit formulierte es so: „Die Automatisierung von Dummheit liefert Ihnen nur automatische Dummheit.“

„Eine lange Gewohnheit, eine Sache nicht für unrecht zu halten, gibt ihr oberflächlich das Erscheinen, recht zu sein und erhebt anfangs einen gewaltigen Aufschrei zur Verteidigung der Gewohnheit.” Thomas Paine

Nur weil etwas immer auf eine bestimmte Weise getan wurde, heißt das nicht, dass es die beste Weise ist.

Es geht um Menschen

Wie Mitarbeiter über die Supply-­Chain, ihren Platz darin und ihre Arbeitsweise denken, ist entscheidend. Ihre Kollegen, besonders die an vorderster Front, an Bord zu holen und zu involvieren, macht oft den Unterschied zwischen der reinen Implementierung und einer wirklichen Transformation aus.

Tipp: Firmen mit guten Super-Usern implementieren schneller und effektiver, mit besseren Resultaten. Interne Experten Ihrer Betriebsabläufe können sicherstellen, dass die Supply-Chain-Lösung eine nahtlose Erweiterung der Geschäftsprozesse wird. Das System aus dem Unternehmen heraus zu steuern, bedeutet, dass das SCM-Team die Erfahrung von Kollegen schneller in automatisierte Prozesse übersetzen, benötigte Änderungen implementieren und die Kommunikationskette kurz halten kann.

Tipp: Lassen Sie Ihr System und Ihre Mitarbeiter das tun, was sie am besten können. Intuition und Erfahrung sind in Abwesenheit von konkreten Daten besser als nichts, aber konkrete Daten übertrumpfen Intuition fast immer. Menschen können Wochenumsätze von tausenden SKUs nicht im Kopf behalten. Ein gutes System kann das mühelos.Menschen verstehen andere Menschen wesentlich besser als Computer. Lassen Sie beide ihre Stärken ausspielen.

Tipp: Geben Sie Experten Freiraum, ihr Wissen anwenden. Es ist sinnlos, sie mit einfach zu automatisierenden Routineaufgaben zu blockieren. Erlauben Sie Mitarbeitern, sich auf nicht automatisierbare Aufgaben zu konzentrieren, die Ihre Bilanz verbessern können. Ihre Expertise, neue Produkte oder Lieferanten zu finden, die besten Konditionen auszuhandeln und den Markt im Auge zu behalten, bietet echten Mehrwert.

Aber vergessen Sie nicht – die menschlichen Aspekte jed­weder Transformation zu managen, ist immer der schwierigste Part und setzt Führungsvermögen und Sensitivität voraus. Mehr dazu in unserem nächsten Kapitel.

Von der Strategie zu Zielen

Ziele, wie Verfügbarkeit, Lagerbestände, Einkauf, Logistikkosten, sind zu großen Teilen durch Ihre allgemeine Geschäftsstrategie bestimmt. Bevor Sie sich für die Implementierung eines bestimmten Systems entscheiden, sollten sie eng mit dem Lösungsanbieter zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass dieser Ihre Ziele versteht und die Lösung diese angemessen reflektiert.

Versuchen Sie, diese Ziele so genau wie möglich zu bestimmen, inbesondere ihre relative Priorität. Ist Ihr Primärziel volle Verfügbarkeit, Reduktion von Kapitalbindung im Bestand oder das Senken der Logistikkosten? Welche Rangordnung nehmen Ihre verschiedenen Ziele ein?

Diesen Zielen kann unterschiedliche Gewichtung in Tochterfirmen, bestimmten Kategorien oder sogar auf regionaler/filialspezifischer/SKU-Ebene zukommen.

Ihren Fortschritt an Benchmarks zu messen ist ebenfalls hilfreich, um sicherzustellen, dass Ihre Strategie auf dem richtigen Weg ist. Es gibt reguläre KPIs, wie Bestand, Verfügbarkeit, Verderb, etc. Im Bereich der organisatorischen Effizienz sind viele der Gewinne immateriell: Mitarbeiter in Filialen haben zum Beispiel mehr Zeit für Kunden oder das SCM-Team und Lagermitarbeiter sind nicht so gestresst. Aber es gibt gute Indikatoren.

Tipp: Verfolgen Sie Ihren Fortschritt, indem Sie Arbeitsstunden für bestimmte Aufgaben vor, während und nach der Transformation aufzeichnen.

Sie können messen, wie schnell Sie Änderungen in der Supply-Chain bei Kampagnenplanung, Filialeröffnung oder in der Weihnachtssaison erreichen. Wenn beispielsweise vorher ein Team aus drei Personen zwei Monate zur Supply-Chain-Plan­ung für Weihnachten benötigte, brauchen zwei Personen nach der Transformation vielleicht nur noch eine Woche.

Kapitel 2: Disposition organisieren

Manche Unternehmen haben bereits ein Organisations­modell, mit dem sie glücklich sind, und würden es lieber weiterentwickeln anstatt radikale Veränderungen vorzunehmen. Vielleicht nutzen sie bereits Dispositionssoftware und suchen nur nach verbesserten oder stärker integrierten Funktionen.

Doch oft erfordern Supply-Chain-Transformationen organisatorische Veränderungen. Daher ist es für Einzelhändler eine Schlüsselentscheidung, vielleicht sogar die organisatorisch wichtigste, festzulegen, ob ein zentralisiertes oder dezentrales Modell für Dispositionsprozesse und Einkauf genutzt werden soll.

Der dezentrale Ansatz

Es gibt Umstände, unter denen ein dezentraler Ansatz sinnvoll ist. Zum Beispiel, wenn:

  • Filialen Bestellvorschläge zu einem gewissen Grad anpassen können – im Normalfall die einzige Option, die von großen Einzelhändlern geduldet wird.
  • Bestellungen in internationalen Unternehmen in jedem Gebiet von einem anderen Team übernommen werden – lokales Wissen und mögliche Sprachbarrieren sind wichtige Faktoren.
  • Statt einem spezialisierten Einkaufsteam Produktmanager allein verantwortlich für Bestellungen sind – bei Großhändlern nicht ungewöhnlich.

Wenn sich ein Unternehmen also für ein dezentrales Modell entscheidet, liegt das für gewöhnlich daran, dass es Vorteile für besondere Umstände bringt. Beispielsweise:

  • Es kann Tochtergesellschaften, Filialen oder lokalen Operationen dabei helfen, ihren individuellen Charakter zu behalten.
  • Filialen werden verstärkt in die Verantwortung genommen, wenn sie finale Entscheidungen treffen.
  • Es kann für Franchise-Unternehmen die bessere Lösung sein.

Der zentralisierte Ansatz

In vielen Fällen haben Firmen, mit denen wir gearbeitet haben, ihre Supply-Chain-Planung größtenteils zentralisiert. Die Zentralisierung erlaubt Unternehmen, Kompetenz durch effektive Systeme einzubringen. Dies ermöglicht es, schneller auf diverse Situationen zu reagieren. Das zentrale Team überblickt die gesamte Lieferkette und hat mehr Kontrolle über alle Materialflüsse.

Die Gründung eines zentralen Dispositionsteams ist ein allgemeiner Trend und gilt heute als Best Practice, weil sie effektiv ist und eine ganze Reihe von Vorteilen mit sich bringt:

  • Sie ist gut für Unternehmen, die inter­nationale/nationale Prozesse stärker vereinheitlichen möchten.
  • Sie hilft, aus In-Memory-gestützten Analyse- und Pla­n­ungstools maximalen Nutzen zu ziehen.
  • Sie bringt eine kritische Masse an Wissen und Fähigkeiten zusammen und bildet eine gute Grundlage, um beides zu teilen.
  • Zentralisierung ist essenziell für die Systementwicklung und den Support (idealerweise geführt durch einen Super-­User).
  • Überbrückungen im Fall von Krankheit, Jobwechsel oder Kündigungen sind wesentlich einfacher.

Heutzutage wird der zentralisierte Ansatz weitestgehend als Best Practice angesehen. Stehen einer Zentralisierung des SCM-Teams, der Bestandsplanung und der Disposition keine triftigen Gründe entgegen, verspricht sie immense Vorteile.

Super-User

In großen Einzelhandelsunternehmen gehört zu guten Organisationsstrukturen normalerweise ein Super-­User-Team. Bei sehr großen Einzelhändlern mit einem Umsatz von mehreren Milliarden Euro und hunderten Filialen sind die Einkaufsteams oft sehr groß. Es kann dort zwei bis sechs Super-User geben, weil der Nutzungsumfang immens ist.

Super-User sollten ein angemessenes Training absolvieren. Meist ist es am nützlichsten, wenn Super-User aus verschieden­en Abteilungen des Unternehmens kommen, da jeder eine Bandbreite an Wissen einbringt und mit den anderen teilt. Dies hilft beim Erstellen einer Lösung für ein breites Spektrum von Herausforderungen.

Selbst wenn ein Unternehmen sich aus gut überlegten Gründen für einen dezentralen Ansatz entscheidet und seinen SCM-Teams aus verschiedenen Filialen, Ländern oder Tochtergesellschaften Super-User zuordnet, hilft es, Super-User zum Erfahrungs- und Ideenaustausch zusammenzubringen.

Prozesse und organisatorische Änderungen gehen oft Hand in Hand

Wenn Unternehmen sich dazu entscheiden, ihre Prozesse zu überprüfen und zu überarbeiten, läuft das oft auf eine Änderung der Verantwortungsketten oder der Arbeitsauf- und einteilungen hinaus.

Wenn zum Beispiel Filialen ihre eigenen, manuellen Bestellprozesse haben, führt eine typische Supply-Chain-Transformation zur Zentralisierung der Bestellungen. Die Filialen behalten die Kontrolle über Bestände und müssen sicherstellen, dass neue Ware schnell in die Regale eingeräumt wird.

Ein anderes Beispiel sind Allokationen in die Filialen. In manchen Firmen ist das Merchandise-Team für vorsaisonale Bestellungen zuständig. Das Dispositionsteam kümmert sich um den täglichen Warennachschub und die Verteilung auf die Filialen. Es verantwortet das Bestandsmanagement, überlässt aber das strategische Management dem Merchandise-Team.

Andere Unternehmen haben ein einziges Team, das sowohl Bestellungen durchführt als auch berechnet, wie Bestände auf die Filialen verteilt werden müssen.

In den meisten Fällen empfehlen wir ein zentrales Planungsteam. Dieses Modell wird nicht umsonst von vielen Einzel- und Großhändlern eingeführt. Die obigen Beispiele sind nur zwei der vielen von uns erlebten Fälle, die die Zentralisierungslogik gut veranschaulichen.

Wenn es um Prognosen für Promotions, Saisons, Kampa­gnen oder die alltägliche Disposition geht, kann selbst der erfahrenste Filialleiter nicht mit der richtigen Technologie und einem kompetenten Team aus Supply-Chain-Experten mithalten.

Wie oben dargestellt, gibt es manchmal auch gute Gründe für einen dezentralen Ansatz. Diese ausgenommen, ist das zentralisierte Modell nach branchenweitem Konsens das beste.

Auch wenn es zwingende Gründe für eine Dezentralisierung gibt, kann es besser sein, einige übergeordnete Aspekte wie Systementwicklung und Support zu zentralisieren. Ebenso gibt es einen gewichtigen ökonomischen Grund für koordinierten und kombinierten Einkauf: bestmögliche Verhandlungspositionen für vorteilhaftere Konditionen.

Unternehmen mit mehreren Einzelhandelsketten, stark unterschiedlichen Märkten oder Franchise-Filialen, die ein hohes Level an Autonomie benötigen, können ein gutes System so einstellen, dass es das Beste aus beiden Welten adaptiert.

Kapitel 3: Initiative ergreifen und anführen

Wir haben drei einfache Schritte herausgearbeitet, um zu definieren, was Supply-Chain-Transformation für Ihr Unternehmen bedeutet: Zuerst ging es darum, Ihre Unternehmensziele zu identifizieren und auf sie hinzuarbeiten, dann um Ihre Supply-Chain-Ziele und schließlich um die notwendigen Planungs­prozesse. Wir haben die Organisation Ihres Supply-Chain-Teams erläutert und erwähnt, dass Umorganisation meist auch durch Prozessänderungen zustande kommt und umgekehrt.

Nachdem Sie Ihre Vision einer Supply-Chain-Transformation festgelegt haben, werden Sie bei der Durchführung sicherlich auf weitere Herausforderungen stoßen. Einige davon sind größer als andere, aber meistens sind sie leicht zu lösen.

Ein häufiges Problem ist das folgende:

Unterstützung von Kollegen für das Projekt zu erhalten. Das ist alles andere als leicht. Changemanagement ist eine der schwierigsten Aufgaben, die Führungskräfte bewältigen müssen. Ihre Mitarbeiter an Bord zu holen, setzt Führungsqualitäten voraus. Aber mit Kompetenz und Erfahrung ist es zu schaffen und kann wirklich etwas bewegen.

Wenn Sie die Kunst des Changemanagements meistern, erreichen Sie einen Wendepunkt, an dem das Push zum Pull wird. Wenn Sie Mitarbeitern nicht diktieren, wie sie vorgehen sollen, werden diese Ihnen zeigen, was sie alles mit Ihren neuen Werkzeugen und Prozessen erreichen können. Sie werden sich das System und den Transformationsprozess zu eigen machen.

Also, wie und wo fangen Sie an?

Es gibt zwei Dynamiken am Arbeitsplatz. Die eine läuft von oben nach unten (top down) und die andere von unten nach oben (bottom up). Sie werden durch zwei verschiedene Führungsrollen reflektiert, die zu einer gelungenen Supply­-Chain-Transformation dazu gehören. Wir bezeichnen sie als „den Leiter” und „den Champion”.

Während der Leiter das Projekt mit der Top-down-Methode angeht, gibt der Champion wesentliche Impulse für den Bottom-up-Ansatz. Eine Person kann auch beide Rollen ein­nehmen. Ebenso kann ein Projekt mehr als einen Champion haben. Für mehr Effizienz und Klarheit ist es allgemein jedoch besser, nur eine Person als Leiter zu bestimmen.

Der Leiter

Tipp: Bestimmen Sie einen Projektleiter, der die geschäftliche und die technische Seite des Projekts verbinden kann.

Der Projektleiter muss Geschäftsziele und deren Relevanz verstehen und darauf achten, dass sie den Mittelpunkt des Projekts bilden. Wir haben mit großartigen Projektleitern ohne technischen Hintergrund gearbeitet. Sich an der technischen Seite des Projekts zu beteiligen, ist aber definitiv ein Pluspunkt. Wer keine Angst hat, sich die Hände schmutzig zu machen, erhält die besten Resultate in kürzester Zeit. Auch benötigen Leiter soziale Kompetenz. Es ist Bestandteil ihres Jobs, das Management bei der Stange zu halten, für Zufriedenheit und Motivation im Team zu sorgen und eine sehr gute Beziehung zum Technologielieferanten, manchmal auch zu Drittanbietern und IT-Subunternehmern aufzubauen.

Woher soll der Leiter kommen? Es kann die Person sein, die die Supply-Chain-Transformation initiiert hat. Eine andere gute Wahl wäre ein erfahrenes Mitglied des SCM-Teams, vielleicht ein und dieselbe Person. Egal wie, der Leiter sollte eng mit dem SCM-Team zusammenarbeiten, da dieses den Löwenanteil, wenn nicht sogar das ganze Projekt stemmt. Es sollte die aktuellen Pläne gestalten, den Überblick über wichtige Änderungen behalten und verstehen, wo Einschrän­k­ungen nötig sind und was unverrückbar bleibt. Der Leiter kann auch außerhalb des SCM-Teams gefunden werden, wenn jemand mit sehr guten sozialen Kompetenzen gewillt ist, sich in die technische Seite einzuarbeiten.

Tipp: Damit ein Transformationsprojekt gelingt, muss das Topmanage­ment der Firma dahinterstehen.

Zuerst sollten Sie sich mit Mitarbeitern unterhalten, denen, operativ gesprochen, gerade der Schuh drückt. Das kann der CFO sein, der Kapital durch Senkung des Bestands freisetzen will, oder der Supply-Chain-Direktor, der versucht, eine Reihe von Anfragen aus Bereichen zu bearbeiten, über die er unzureichende Kontrolle hat. Die Person aus dem Topma­nagement kann selbst Projektleiter sein, oder als Verbündeter eine Schlüsselrolle dabei einnehmen, das Transformations­anliegen beim Vorstand durchzusetzen.

Tipp: Ein Business Case, der zeigt, dass das Projekt profitabel ist und wenige, leicht zu bewältigende Risiken birgt, gewinnt die für den Erfolg benötigte Unterstützung des Vorstands.

Ein Beispiel: In einem unserer Projekte waren einige Manager mindestens so sehr darauf bedacht, ihre eigenen Interessen zu wahren, wie die des Unternehmens. Ihre Teams hatten einen hohen Grad an Autonomie und unterschiedliche Ar­beitsweisen. Obwohl entschieden wurde, die Suppy-Chain zu zentralisieren, war große Überzeugungskraft nötig, um jede Abteilung zur Mitarbeit zu bringen. Es fehlte ein Leiter, der sagen konnte: „Das ist, was wir tun müssen und das sind die Gründe, warum wir es tun müssen.”

In einer solchen Silo-Mentalität denken Menschen nur an ihre eigenen Interessen, egal ob diese mit den Zielen des Unternehmens übereinstimmen oder die Dynamik zwischen den Teams und ihren Prozessen unterstützen oder nicht. Ein neues System kann das nicht verhindern, aber ein nütz­liches Werkzeug zur Problemlösung sein. Zum Beispiel erlaubt es allen, mit den gleichen Zahlen zu arbeiten. Wenn dann der Kampagnenmanager etwas ändert, können Supply-Chain- und Category-Manager sofort die Auswirkungen evaluieren.

Tipp: Sammeln, organisieren und analysieren Sie Ihre Daten und tragen Sie Ihr Anliegen vor. Gute, faktengestützte Führung hilft, Mitarbeiter für die Supply-Chain-Transformation zu gewinnen. Qualitative Daten sind eine solide Grundlage für gute Kommunikation. Kollegen mögen sagen „wir haben das immer so gemacht” oder „wir sind Experten auf unserem Gebiet, kümmern Sie sich um Ihres”, aber Zahlen und Prognosen erlauben es Ihnen, auf Meinungen mit harten Fakten zu antworten – das macht es leichter, Kompromisse zu finden.

Der Champion

Tipp: Denken Sie daran, dass Menschen sich eher ihren Kollegen als einem Vorgesetzten verbunden fühlen.

Die Rolle des Leiters ist es, den Top-down-Ansatz zu verfolgen und durchzusetzen, während der Champion für die Bottom-up-Strategie sorgt, indem er die Wurzeln des Projekts pflegt, damit Kollegen an vorderster Front wachsen und gedeihen. Die Rollen sind sehr verschieden, aber wir kennen Leute, die sowohl tolle Leiter als auch gute Champions waren.

Ein Champion der Supply-Chain-Transformation muss sich die Bedenken der Mitarbeiter anhören und sich um die Bedürfnisse derer kümmern, die am meisten von der Transformation betroffen sind. Das sind größtenteils Kollegen in den Filialen, besonders Filialleiter, die merken, dass sich ihre Rolle verändert.

Idealerweise finden Sie einen oder mehrere Champions, die die Sorgen der anderen nachvollziehen und sich in diejenigen einfühlen können, die Angst vor Jobverlust oder generell große Bedenken haben. Der Champion sollte diesen Menschen den Weg in eine bessere Zukunft zeigen können. Ein guter Champion ist sehr empathisch und/oder hat Erfahrung mit der Arbeit in am stärksten von der Transformation be­troffenen Geschäftsbereichen, wie zum Beispiel den Filialen.

Der Champion muss Kollegen überzeugen, indem er ihnen Einblick in ihr Leben nach der Transformation gewährt: Er zeigt ihnen ihre künftige Rolle und ihren Nutzen in der künf­tigen Supply-Chain-Planung.

Eine sehr gute Idee von einem unserer Kunden war es, Mitarbeiter zum Beispiel per Rundmail einzuladen, frühe Anwender und Champions zu werden. Diejenigen, die schnell und enthusiastisch reagieren, sind höchstwahrscheinlich gute Kandidaten.

Tipp: Veränderung darf nicht wie eine Leistungsbeurteilung der Mitarbeiter wirken. Menschen hassen es, wenn ihnen etwas Vertrautes genommen wird, selbst wenn sie es nicht mochten. Wenn Sie nicht aufpassen, senden Sie ein Signal des Misstrauens und Mitarbeiter nehmen die Veränderung persönlich, als würden Sie sagen „Wir haben ein neues System, das besser ist als ihr.”

Wenn Mitarbeiter glauben, abgewertet zu werden, möchten sie vielleicht beweisen, dass ihre alten Rollen nicht auto­matisiert werden können und das System ihren Job nicht übernehmen kann. Sie werden es dabei immer schaffen, Punkte zu finden, die ihren Standpunkt unterstützen.

Aber Recht zu haben genügt nicht immer.

Während einer unserer Implementierungen hatten die re­gulären Einkäufer einen Monat Urlaub. Ihre Vertreter kannten die Prozesse nicht so gut, daher entschieden sie sich für eine volle Auto­matisierung während der Urlaubszeit. Alles lief einwandfrei. Als die eigentlichen Projektverantwortlichen zurückkamen, verschlechterte sich die Situation wieder, weil diese dieselben Fehler wie zuvor machten.

Doch man kommt nicht zurück auf die Erfolgsspur, indem man Mitarbeitern Vorwürfe macht und ihnen bei Protest ihre Fehler vorhält. Besonders, wenn man ihnen Verantwortung entzieht und menschliche Expertise durch Computer ersetzt, wird sich das auf ihren Gemütszustand und ihr Selbstwertgefühl auswirken.

Tipp: Wägen Sie gründlich ab, ob Sie eine volle Automatisierung benötigen: Wir empfehlen sie nur selten.

Ein guter Transformationschampion wird das lokale Wissen, über das Filialleiter verfügen (zum Beispiel über bevor­stehende Termine, die die Nachfrage steigern), zu schätzen wissen und gute Kommunikation sicherstellen. Manchmal entscheiden Filialleiter weiterhin über Bestellungen oder kontrollieren eine Vielzahl von Artikeln und Kategorien, zumindest während die Kollegen sich noch mit dem System vertraut machen müssen (und auch weil Systeme am besten mit menschlichem Feedback laufen). Interessanterweise sind es meist die kleineren unserer Kunden, die mehr Automati­sierung wünschen. Größere Unternehmen überlassen ihren Supply-Chain-Experten gerne mehr Kontrolle.

Tipp: Geben Sie Kollegen ein persönliches Ziel. Unternehmensziele sind wesentlich, aber für den Einzelnen oft unbestimmt und nicht greifbar.

Eine unserer einfachsten Implementierungen lief mit einem Projektleiter/zentralen Disponenten, der selbst in Filialen gearbeitet hatte und deshalb tiefgehendes Verständnis für Arbeitsabläufe der Filialen und deren Supply-Chain-Probleme hatte.

Er konnte sehr gut mit den Filialmitarbeitern kommunizieren, die die eigentlichen Kunden des Transformationsprojektes sind. Dies half, alle für das Projekt zu gewinnen – was ent­scheidend war, da Filialangestellte sicherstellen, dass Ware für die Kunden in den Regalen steht, dass die Zahlen im System stimmen, dass die Bestände korrekt sind und dass Abverkäufe richtig vermerkt werden.

Mitarbeiter in Filialen werden auch künftig eine enorm wichtige Rolle spielen: Eine Trans­aktion wird immer noch zwi­schen Konsumenten und Filialpersonal stattfinden. Wenn sich letztere dem Kundenservice wirklich verschreiben, werden sie erkennen, wie gewinnbringend die richtige Anzahl der richtigen Produkte ist. Und sie werden es zu schätzen wissen, dass sie mehr Zeit für die Kunden haben.

Tipp: Suchen Sie nach möglichen schnellen Gewinnen und priorisieren Sie diese – sie sind wichtig für die Motivation des Teams und helfen so immens beim Changemanagement. Ein früher Etappensieg zeigt Mitarbeitern, dass das Projekt wertvoll ist, dass sie etwas bewegen und gewinnen können. Zu viele von ihnen haben Projekte starten sehen und dann nie wieder von ihnen gehört. Deshalb ist es wichtig, so früh wie möglich zu beweisen, dass die Transformation tatsächlich etwas bewirkt.

Kapitel 4: Die Wahl des Supply-Chain-Management-Systems

Die systematische Optimierung Ihrer Supply-Chain und das schrittweise Entwickeln und Organisieren von Prozes­sen benötigen die Analyse großer Datenmengen. Hierfür wurde exzellente Software entwickelt. Wenn Sie sich also für eine Transformation entschieden haben, sollten Sie Ihr aktuelles System (falls Sie eines nutzen) darauf prüfen, ob es der Aufgabe gewachsen ist. Kann es mit Ihrem Unternehmenswachstum und den An­for­derungen des SCM mithalten oder upgegradet werden? Oder sollten Sie Ihr System durch ein leistungsstärkeres, agileres ersetzen, das Ihre Supply-Chain-Planung jetzt und künftig besser unterstützt?

Entwickeln Sie inhouse oder suchen Sie einen externen Spezialisten?

Tipp: Vergleichen Sie Risiken und Kosten einer Inhouse-Entwicklung mit einem System von Drittanbietern.

Unternehmen kennen in der Regel ihre Kernkompetenzen sehr gut. Manche stellen sich gern der Herausforderung, ihr existierendes ERP- oder SCM-System weiter- oder sogar ein ganz neues zu entwickeln.

Viele Firmen haben talentierte IT-Abteilungen, die neue Systeme implementieren und den Bedürfnissen des Unterneh­mens anpassen können. Es ist aber ein zusätzlicher Zeit- und Kostenfaktor, ein Spezialistenteam zur Entwicklung und Implementierung von Dispositions- und Prognosetools anzustellen und zu unterhalten. Benötigtes Wissen und Können sind sehr speziell. Das Unternehmen muss überzeugt sein, dass sich der Aufwand lohnt. Die meisten kommen jedoch zu dem Schluss, dass solch ein Projekt ihrem Kerngeschäft zu viele Ressourcen entzieht.

Ein bereits genutztes System zu aktualisieren oder weiterzuent­wickeln, ist attraktiv, da es Vertrautheit und volle Kontrolle verspricht. Allerdings sind Systeme von Drittan­bietern wesent­lich leistungsstärker:

Sie entscheiden sich für ein bereits entwickeltes System, das Sie in vergleichbarer Umgebung arbeiten sehen könn­en. Außerdem legen Sie sich bei modernen SaaS-Modellen nicht auf eine lange Nutzungsdauer fest. Bei guten Anbietern liegt die Kündigungsfrist zwischen einem und drei Monaten. Wenn aber einmal finanzielle Mittel in ein Inhouse-Projekt gesteckt wurden, ist es schwierig, dieses abzubrechen, falls es nicht gut läuft.

Tipp: Erstellen Sie zum Evaluieren von Drittanbieter­systemen eine Liste mit Fragen, die Sie den potenziellen Anbietern vorlegen können.

Ein guter Anfang wäre: „Haben Sie die Lösung, nach der wir suchen, bereits erfolgreich bei anderen Unternehmen implementiert?” und „Mussten Sie sich da ähnlichen Heraus­forderungen stellen?” Wenn diese Herausforderungen teilweise oder ganz überwunden wurden, kann der Provider auch eine Lösung für Ihre Probleme anbieten.

Sie sollten auch fragen, inwiefern Sie Änderungen am System vornehmen können, ohne den Provider hierfür hinzu­ziehen zu müssen. Dies ist wichtig, da Systemupdates umfassende Entwicklungskapazitäten einnehmen können, wenn sich Ihr Unternehmen, der Markt oder die Einzelhandelstechno­logie verändern. Sind Sie immer auf die Unterstützung des Anbie­ters angewiesen, um Anpassungen vorzunehmen, entstehen wiederholt hohe Kosten.

Tipp: Suchen Sie nach Anbietern, die ähnlichen Firmen mit ähnlichen Problemen geholfen haben. 

Um diese Referenzen zu testen, suchen Sie so viele Gemeinsamkeiten wie möglich mit aktuellen Systemnutzern und fragen Sie, ob Sie mit ihnen sprechen können. Ein Anbieter, der hinter seiner SCM-Lösung steht, wird dies unterstützen und Sie mit seinen Kunden bekannt machen, damit Sie sie ungestört befragen können.

Es ist sehr wichtig, dass Sie genau auf Fragen des Software-Anbieters an Sie achten. Versucht er wirklich, Ihre spe­zielle Situation zu verstehen oder spult er Standardphrasen ab wie „Wenn Sie diesen einfachen fünf Regeln folgen, wird alles besser”? Wenn sich ein Lösungsvorschlag zu einem kniffligen Problem zu simpel und gut anhört, um wahr zu sein, ist er wahrscheinlich nicht wahr.

Tipp: Versichern Sie sich der Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Systeme. Selbst wenn eine Software im Moment all Ihre Bedürfnisse erfüllt, müssen Sie sicher sein, dass sie das auch in einem, zwei oder fünf Jahren kann. Da Sie Ihre zukünftigen Be­dürfnisse nicht kennen, muss die Lösung hoch flexibel sein, um für alle kommenden Heraus­forderungen konfiguriert werden zu können.

Eine weitere wichtige Frage für Sie und den Anbieter: „Handelt es sich nur um ein IT-Projekt zum System-Upgrade oder geht es auch um Prozessoptimierung?” Bei Letzterer sollten Sie sicher sein, dass der Anbieter Erfahrung auf diesem Gebiet hat, vorausschauend arbeitet und proaktiv Vorschläge unterbreitet.

Es sollte zwischen Anbieter und Kunde eine posi­tive, freund­liche, kreative Atmosphäre herrschen. Es ist weder gut, wenn der Anbieter unbesehen alles umsetzt, was der Kunde verlangt, noch sollte der Kunde allem folgen, was der Anbieter vorschlägt. Idealerweise entsteht ein Dialog, in dem beide Parteien sich gegenseitig herausfordern und hinterfragen, um so zur bestmöglichen Lösung zu gelangen.

Kapitel 5: Das Projekt strukturieren

Die Entscheidung ist getroffen und Sie haben sich entschlossen, Ihre Supply-Chain zu transformieren. Sie konn­ten Ihre Kollegen von dem Projekt überzeugen und sie stehen hinter Ihnen. Jetzt gilt es, eine Struktur für die bevorstehende Implementierung zu schaffen.

Software-Implementierungen waren früher mit Problemen wie Zeit- und Kostenüberschreitungen behaftet. Das traditionelle Modell sah vor, so gut wie jeden Aspekt im Voraus festzulegen. Doch die Systeme ließen sich oft nicht gut anpassen, was zu Problemen führte, wenn Änderungen nötig waren.

Heutzutage ist gute Software so designt, dass sie einfach an die Bedürfnisse des Endnutzers angepasst werden kann. Je flexibler das System ist, desto unwahrscheinlicher werden Verzögerungen oder Sonderkosten.

Man sollte zwar nicht erwarten, dass eine Implementierung und Supply-Chain-Transformation ohne Schwierigkeiten verläuft. Viele Probleme können aber durch gute Strukturen vermieden werden.

Analysieren Sie Ihren Business Case

Eine „prä-Implementierungsstudie” oder Analysephase beinhaltet das Einspeisen Ihrer Umsatz- und Bestandsdaten in einen System-Kandidaten. (Auch wenn dieser noch nicht speziell auf Ihre Bedürfnisse eingestellt ist.)

Wenn Sie sich zwischen mehreren Lösungen entscheiden müssen, bietet dies einen hilfreichen Vergleich. Bedenken Sie dabei, dass ein System noch größere Leistungssteigerungen verspricht, je mehr es konfiguriert und an Ihre Prozesse und Ziele angepasst werden kann.

Diese Vorstudie ermöglicht es außerdem, schon früh bestimm­te Probleme der Supply-Chain, mangelhafte Daten, leichte Gewinne und mehr aufzudecken.

Wenn es noch Zweifel an der Notwendigkeit einer Supply- Chain-Transformation gibt, stellt Ihnen diese Phase alle Daten und Fakten zur Verfügung, die Sie brauchen, um eine Entscheidung zu treffen.

Tipp: Wenn Anbieter Ihren Business Case kalkulieren, achten Sie auf die Methoden, mit denen sie zu den präsentierten Ergebnissen kommen. Dies ist auch ein guter Weg, um Angebote zu vergleichen.

Zur Veranschaulichung: „Wir haben 20% Einsparungen bei Unternehmen X erzielt, also können wir Ihnen auch zu 20% Einsparungen verhelfen”, ist nicht so überzeugend wie ein Business Case, der einen Bottom-up-Ansatz verfolgt. Sagen zu können „Sie können hier 15.000€ sparen, weil Sie bei dieser SKU 5,60€ pro Artikel sparen können, was für alle 2,678 Units einen Betrag von ~15.000€ ergibt”, ist wesentlich überzeugender. Ein gutes SCM-System ist keine Blackbox. Ein guter Anbieter arbeitet transparent. Stellen Sie schonungs­lose Fragen und beharren Sie auf harten Fakten und Daten.

Es gibt Fälle, in denen ein Unternehmen auf die Analyse verzichtet. Zum Beispiel, wenn es sehr offensichtliche Vorteile gibt. Dann ist es besser, direkt weiterzumachen, um schneller von den Vorteilen zu profitieren, statt sechs bis acht Wochen für Analysen zu verschwenden.

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Kosteneinspa­rungen, die während der Analysephase erzielt wurden, oft die Kosten der gesamten Implementierung und die Lizenz­gebühren des ersten Jahres decken können.

Technische Architektur

Die Architektur ist normalerweise recht einfach. Es geht nur darum, zu entscheiden, woher Daten bezogen und wohin sie übertragen werden sollen. Manchmal kommen Daten aus verschiedenen Systemen und Teil des Prozesses ist es, zu entscheiden an welchem Punkt alle Daten kombiniert und sortiert werden sollen. Dies sind die zwei geläufigsten Varianten:

  1. Das ERP-System. Dies ist die Standardlösung, da es das Rückgrat der IT-Architektur in den meisten Unternehmen ist.
  2. Das PoS-System. Wenn es mehrere PoS-Systeme gibt, entscheiden sich Unternehmen bisweilen dafür, diese durch das SCM-System statt durch das ERP zu integrieren.

Die Integration einer SCM-Software in ein existierendes ERP- oder PoS-System hängt von dem System ab, das Sie wählen. Aber unserer Erfahrung nach sind beide Varianten fast immer einfacher und schneller beendet, als Kunden erwarten.

Stammdaten

Falls Sie Ihre Stammdaten noch nicht im Griff haben, müssen Sie das vor der Implementierung erledigen. Denn der Daten-­Output kann nur gut sein, wenn der Input stimmt.

Sie müssen Ihre historischen Liefer- und Verkaufsdaten säubern und organisieren, damit sie zum Planen und Prognostizieren genutzt werden können. Das Bereinigen von Stammda­ten kann ein umfangreiches Unterfangen sein – letztendlich ist es aber ein definierbarer und durchführbarer Prozess.

Die meisten Unternehmen in Europa und Nord­amerika verfügen durch ihre PoS-Sys­teme über nützliche Bestandsdaten. Dennoch stoßen wir ge­legentlich auf größere Herausforderungen, beispielsweise, wenn beim Unternehmen durch Franchising oder Akquisitionen mehrere PoS-Systeme im Einsatz sind.

Implementierung

Wenn das Supply-Chain-Management-System in andere Kernsysteme integriert wurde und die Stammdaten so weit wie möglich bereinigt und geordnet wurden, geht es normalerweise an die Implementierung.

Während einer agilen Implementierung (wenn sich Software und Prozesse gleichermaßen entwickeln und an Ereignisse oder Probleme anpassen können) passieren oft mehrere Dinge gleichzeitig. Kategorien, Filialen oder Lieferanten werden schrittweise in das System übernommen. Nutzer im SCM-Team und in den Filialen werden trainiert. Trainings und Systemtests sind fortlaufende Prozesse. Unserer Erfahrung nach sollten die Kunden hier den Zeitrahmen festlegen, je nachdem ob sie sich lieber schnell oder vorsichtig an das System herantasten möchten.

Aber die Entwicklung sollte und wird auch nicht mit Abschluss des Rollouts aufhören. Ein agiles System erfährt ständige Adaption durch Ihre eigenen Super-User, wenn sich die Bedürfnisse und Prozesse ändern. Anstatt sich über einen „nie endenden” Entwicklungsprozess zu sorgen, sollte er als großer Pluspunkt verstanden werden. Denn Systeme, die sich nicht an das Wachstum von Unternehmen anpassen, müssen früher oder später ersetzt werden.

Fazit

Derzeit gibt es viele Chancen für Supply-Chain-Profis. Nie zuvor wurde ihrem Potenzial Kosten zu sparen und Mehrwert zu schaffen so viel Aufmerksamkeit geschenkt. Nie zuvor lasteten Erfolg oder Misserfolg im Einzel- oder Großhandel so schwer auf ihren Schultern. Eine exzellente Supply-Chain ist heute das Kriterium, das den Erfolg oder das Scheitern von Unternehmen bestimmt.

Supply-Chains werden transformiert und bieten:

  • besseren Überblick über Verkäufe, Bestände und die Lieferkette
  • einen größeren Grad an Kontrolle
  • bessere Integration von Prozessen, Operationen und Technologie in die Geschäftsziele.

Das bedeutet, dass Supply-Chain-Experten heiß begehrt sind und viele Möglichkeiten haben, ihr Können zu zeigen – aber auch, dass die Konkurrenz die gleichen Chancen wahrnimmt. Nichtstun ist nicht die Antwort.

Glücklicherweise ist die Transformation Ihrer Supply-Chain nicht mehr so ein schwieriger Prozess wie noch vor 10 Jahren. Supply-Chain-Technologie entwickelt sich sehr schnell weiter. Systeme müssen nicht mehr monolithisch, schwer anpassbar und schwer zu ersetzen sein. Sie können vor der Implementie­rung evaluiert werden und sich innerhalb weniger Monate amortisieren.

Im Durchschnitt upgraden Einzelhändler ihre Systeme alle zehn Jahre. Selbst wenn Sie also SCM-Technologie nutzen, dauert es womöglich nicht mehr lange, bevor Sie darüber nachdenken müssen, sie zu erneuern.

Bevor Sie Ihr Supply-Chain-Transformationsprojekt starten, möchten wir Ihnen noch ein paar Denkanstöße mitgeben:

  • Definieren Sie klar, was Sie erreichen möchten und behalten Sie die jeweiligen KPIs im Auge.
  • Stellen Sie eine Management-Lenkungsgruppe zusammen, die die nötigen Entscheidungsträger umfasst und die Gründe und Nutzen des Projekts versteht.
  • Kontinuierliches Messen des Systems und fortlaufende Feinjustierung – wie gesagt, behalten Sie die KPIs im Auge.
  • Bestimmen Sie Super-User mit analytischen Fähigkeiten und genug Zeit. Dadurch überneh­men Sie schneller die Kontrolle.
  • Niemand hat uns jemals gesagt: „Ich wünsch­te, ich hätte weniger Zeit damit verbracht, Änderungen in den Filialen und im ganzen Unternehmen zu kommunizieren.”
  • Bleiben Sie realistisch. Der Projektnutzen kann immens sein, aber dafür müssen Sie auch etwas tun.
  • Aktualisieren Sie Ihre Stammdaten während der Implementierung. Die Verantwortung hierfür muss eindeutig festgelegt sein.
  • Halten Sie Zahlen und Fakten bereit, falls Kollegen in den Filialen Entscheidungen in Frage stellen.
  • Viele der wichtigen Dinge sind eigentlich sehr einfach. Dazu ist keine Zauberei nötig. Sie müssen sich nur auf das Wesentliche konzentrieren.

Beitrag von

Tuomo Pesonen

Chief Operating Officer
Timo Ala-Risku

Timo Ala-Risku

Director, EMEA Field Presales