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Pharmagroßhandel: Verfügbarkeitsziele und Produktersetzungen agil managen

May 31, 2022 4 min

Vor kurzem befassten wir uns mit den Herausforderungen, denen sich Apotheken bei der Sicherstellung der Verfügbarkeit gegenübersehen. Es lässt sich jedoch schwer über den Einzelhandel reden, ohne auf diejenigen einzugehen, die ihn beliefern. Wie der Einzelhandel hat auch der pharmazeutische Großhandel mit den von Region zu Region unterschiedlichen gesetzlichen Bestimmungen und den raschen Entwicklungen auf dem Markt zu kämpfen. Als Gatekeeper einer breiten Palette verschreibungspflichtiger und freiverkäuflicher Produkte müssen Großhändler ständig einen komplexen Balanceakt zwischen Lieferanten und Einzelhändlern vollführen.

Verfügbarkeit und Liefergeschwindigkeit sind bei Pharmazeutika entscheidend

Obwohl die Nachfrage nach verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sowohl bei seltenen als auch bei häufigen Krankheiten recht konstant ist, sind die Ansprüche an die Verfügbarkeit und Lieferung hoch und nicht verhandelbar. In vielen Ländern schreibt der Gesetzgeber Anforderungen an die Verfügbarkeit vor und löst automatisch Bestellungen aus, um diese sicherzustellen. Hinzu kommt, dass es in den meisten Ländern ein breites Angebot von Ersatzpräparaten gibt, um Engpässe zu überbrücken. Aufgrund der ständigen Preisänderungen und der bevorzugten Medikamente von Ärzten, Gesundheitsversorgern und Krankenkassen ist das Managen von Ersatzprodukten und Generika sehr komplex.

Unterm Strich geht es um die Notwendigkeit, jederzeit einen sehr hohen Servicegrad aufrechtzuerhalten, was zu hohen Lagerbeständen führt. Haupt- und Filialapotheken werden täglich oder mehrmals am Tag mit kleinen Mengen beliefert. Die Versorgung von Krankenhäusern und das Vorhalten staatlich vorgeschriebener Sicherheitsbestände bedingen jedoch, dass in einem Notfall schnell auf plötzliche Nachfragespitzen reagiert werden muss. In den meisten Fällen machen sich die Großhändler keine Sorgen um die Verfügbarkeit – da bei dieser keine Kompromisse möglich sind –, sondern eher um die Kosten, die mit der Aufrechterhaltung der erforderlichen Lagerbestände verbunden sind.

Der Schweizer Pharmavollgrossist Galexis, der mehr als 120.000 Bestellpositionen und über 4.000 Lieferungen pro Tag managt, konnte seinen Bestand reduzieren, ohne die Verfügbarkeit zu beeinträchtigen. Durch die Einführung der automatischen Disposition steigerte Galexis den Lagerumschlag um 12 Prozent und erhöhte den Automatisierungsgrad von 44 Prozent auf 88 Prozent. Die Verfügbarkeit von 98 Prozent blieb unangetastet.

OTC-Arzneimittel beziehungsweise freiverkäufliche Medikamente (wie saisonale Heuschnupfen- oder Erkältungsmittel) sind nicht so stark reguliert wie rezeptpflichtige. Dennoch werfen sie ähnliche Kostenprobleme auf. Die Nachfrage nach saisonalen und langsamdrehenden Arzneimitteln kann sich plötzlich stark ändern: Gründe sind Wetterveränderungen, Umweltbedingungen wie Pollenflug oder Grippewellen, aber auch Marktfaktoren wie der Preis oder das Bewerben innerhalb einer Kampagne. Bei der Entscheidung über die Höhe der Bestände für diese Produkte müssen Großhändler die Kosten auf der Gesamtebene berücksichtigen. Selbst eine geringfügige Änderung der Verfügbarkeitsziele kann die Gesamtlagerbestände erheblich beeinflussen.

Die hohen Verfügbarkeitsanforderungen sind für die Großhändler nicht nur mit Kosten verbunden. Sie müssen auch die Logistik für ihre unterschiedlichen Kunden bewerkstelligen. So umfassen Lieferungen an Apotheken nur geringe Mengen und erfolgen bisweilen mehrmals am Tag: Das stellt hohe Anforderungen an die Kapazitäten des Warenumschlags in den Verteilzentren. Viele Bestellpositionen von jeweils kleinen Mengen müssen an mehrere Standorte geliefert werden – alles in kürzester Zeit: Nur mit optimierten Prozessen können die Warenlager der Pharmagrossisten diese Lieferungen effizient handhaben.

Ersatzprodukte, Generika und Preisänderungen führen schnell zu Kannibalisierung

Das Managen von Ersatzprodukten und Generika gehört zu den komplexesten Besonderheiten, mit denen sich Pharmahändler konfrontiert sehen. Der Markt für Pharmazeutika ist hart umkämpft und ständig in Bewegung. Hinzu kommen die starke Regulierung von Medikamenten und die oben erwähnten Lieferanforderungen.

Lokale Gegebenheiten und Vorschriften führen zu häufigen und plötzlichen Marktveränderungen. Ein typischer Auslöser von Preisverschiebungen sind auslaufende Patente. Diese lösen einen Strom von wirkstoffgleichen Generika auf den Markt aus und ziehen Verhandlungen über bevorzugte Arzneimittel zwischen Krankenversicherungen und Herstellern nach sich. Besonders komplex ist der Markt in Dänemark, wo die Hersteller alle zwei Wochen ein neues Gebot für den Verkaufspreis jedes Produkts abgeben. Diese Praxis gilt sowohl für verschreibungspflichtige als auch für rezeptfreie Arzneimittel, sodass Verschiebungen der Produktnachfrage alle vierzehn Tage die Regel sind. Bei verschreibungspflichtigen Medikamenten sind die Apotheken in vielen europäischen Ländern verpflichtet, das günstigste Generikum vorzuschlagen. Dennoch wissen die Großhändler nur wenig darüber, wie viele Generika zu erwarten sind und wann und von wem sie geliefert werden. Bei rezeptfreien Medikamenten hat das zur Folge, dass, auch wenn einige Verbraucher markentreu sind, das jeweils günstigste Produkt stets alle Alternativen kannibalisiert.

In all diesen Fällen haben die Grossisten wenig oder keinen Einblick in die Prozesse, die plötzliche Marktverschiebungen verursachen: Sie können lediglich darauf reagieren. Selbst wenn ihnen bekannt ist, dass eine Änderung bevorsteht, liegen ihnen keine belastbaren Daten dazu vor. Darüber hinaus findet im Allgemeinen auch keine detaillierte gemeinsame Planung mit den Lieferanten für solche Ereignisse statt. Sind jedoch Hunderttausende von Artikeln, Zehntausende von Bestellpositionen und Tausende von Lieferungen pro Tag zu bewältigen, müssen Pharmahändler vor allem agil und flexibel sein. Dabei hilft ihnen ein automatisches Dispositionssystem, mit dem sie schnell auf häufige und wiederkehrende Marktveränderungen reagieren können. Das System erlaubt ihnen auch, Prognosen nach verschiedenen Kriterien jenseits der SKU-Ebene zu erstellen: So verwalten sie Ersatzprodukte, unabhängig davon, ob diese durch gesetzliche Bestimmungen, den Preis oder das Marketing bedingt sind.

Den hohen Verfügbarkeitsanforderungen und dynamischen Marktverhältnissen gerecht werden

Als Drehkreuz zu agieren, ist alles andere als einfach: Produkte wollen aus verschiedenen Richtungen und über mehrere Kanäle hinweg verwaltet und alles nahtlos in Gang gehalten werden. Im Pharmahandel ist diese Herausforderung Alltag. So sind Einzelhändler und Lieferanten – eigene und dritte – in Einklang zu bringen, um Vorschriften und Verfügbarkeitsanforderungen zu erfüllen. Außerdem müssen Pharmahändler die Versorgung der Einzelhandelskanäle und anderer Vertriebswege verwalten und mit minimaler Vorwarnung auf einen sehr dynamischen Produktmarkt reagieren.

Eine automatische Dispositionslösung ermöglicht es Großhändlern, riesige Datenmengen in der nötigen Geschwindigkeit zu verarbeiten, um die Anforderungen von Herstellern und Einzelhändlern zu erfüllen. Dadurch reduzieren sie das zeitraubende, manuelle Bestellmanagement, klassifizieren Produkte schnell anhand von Absatzmustern und Attributen (wie Wirkstoffen oder Preis) und optimieren Sicherheitsbestände und Auffüllregeln entsprechend. Sie erhöhen somit die Genauigkeit von Prognosen und Disposition sowie den Lagerumschlag und erfüllen zuverlässig dieselbe Nachfrage – kommen dabei jedoch mit geringeren Beständen aus.

Beitrag von

Antti Pohjalainen

Project Manager

Timo Idänheimo

Senior Development Manager